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Ferienidylle auf 500 Höhenmeter

Hof- und Flurnamen geben ein lebendiges Bild und einen interessanten Einblick in die Vergangenheit. In einer Serie stellt die ARZ in diesem Jahr zum vierten Mal Renchtäler Hof- und Flurnamen vor. Heute der Fiegenhof der Familie Bernhard und Katharina Wußler in Ödsbach.

Wie lange es den Hof schon gibt, ist unbekannt, aber wahrscheinlich schon mehr als 500 Jahre. Dafür spricht die Tatsache, dass der Fiegenhof von Anfang an zur Mooswaldgenossenschaft gehört, die im Jahr 2026 ihr 500-jähriges Jubiläum feiern kann. Als älteste bekannte Hofbesitzer finden sich im Jahr 1683 Jakob und Cordula Eckenfels. Im Besitz des Wußler-Geschlechts ist das Anwesen seit fast 200 Jahren. Diese Dynastie beginnt mit Johann Baptist Wußler und Theresia Kern aus Zell-Weierbach, die 1817 heirateten. Ihnen folgten Philipp und Maria Anna Wußler (1852), Klemens und Magdalena Wußler (1885), Klemens und Ludwina Wußler (1919), Georg und Franziska Wußler (1946) sowie Klemens Wußler und seine Ehefrau Lioba, geborene Huber (1976), die aus Maisach stammt. Sie übergaben den Hof 2010 ihrem Sohn Bernhard. Dieser heiratete am 18. April 2015 Katharina Müller aus Prinzbach.

Der nach dem Fiegenbach benannte Fiegenhof der Familie Wußler befindet sich, angrenzend an Durbach Gebirg, in einem kleinen Nebental, im  Bereich der Ausläufer des Mooskopfes, Postanschrift Wäldenstraße 38. Fünf Kilometer sind es bis zum Ortszentrum Ödsbach und neun bis nach Oberkirch. Obwohl die Hofgebäude 500 Meter über Meereshöhe liegen, gibt es dank der reichlich sprudelnden hauseigenen Quelle auch in heißen Sommern genügend Trinkwasser für Mensch und Tier. Auch Schnee im Winter bereitet der heutigen Generation  keine Probleme mehr, denn seit 1974 gibt es den Winterdienst der Gemeinde. Bis dahin aber mussten die Bewohner  ihre Zufahrt mit dem von Ochsen gezogenen Bahnschlitten selbst passierbar machen. Die Hoffläche, die 64 Hektar umfasst, ist auf 50 Hektar bewaldet. Wie Klemens Wußler weiß, gab es früher nur wenig Hochwald, sondern fast nur Eichbosch und Kastanienbäume. Aufgeforstet hat der Vater um 1950. Heute besteht der Wald in der Hauptsache aus Fichten, Tannen und Douglasien. Auf dem Boden des ehemaligen Kastanienwaldes wurden in den 1960er Jahren dann Nordmanntannen angebaut, die neben Christbäumen vor allem Tannengrün liefern.

 

 

Fiegenhof

14 Hektar des Fiegenhofes sind Grünland, das Futter für die Viehhaltung liefert. Neben zehn Milchkühen und ihrem Nachwuchs, die in den milden Monaten auf der Weide sind, hält man auch heute noch wie früher im Fiegenbach einen Stier. Der Ackerbau, der früher insbesondere Kartoffeln, Roggen, Hafer und Klee lieferte, spielt dagegen keine Rolle mehr. Bebaut ist lediglich noch ein Hektar  mit Topinambur, was auf die Tradition des Schnapsbrennens hinweist. In der Brennerei werden seit Generationen auch die Früchte der Streuobstwiese verarbeitet. Parallel zu dieser Tätigkeit führte Klemens Wußler vor Jahren die Imkerei auf dem Hof ein, die ihm ein liebes Hobby geworden ist.

Ein nicht unbedeutendes wirtschaftliches Standbein des Fiegenhofes sind die Ferienwohnungen, die in einem 1970 errichteten Gebäude untergebracht sind. Doch die Beherbergung von Urlaubsgästen geht viel weiter zurück. Denn schon zu Zeiten der Urgroßeltern des heutigen Hofbesitzers machten Gäste auf dem Fiegenhof Ferien. Mit der von Pferden gezogenen Chaise wurden sie am Bahnhof Oberkirch abgeholt und zum entlegenen Ferienidyll gebracht. Untergebracht waren sie im Nebenhaus.  
Bohlenständerhaus.

Unter den Gebäuden des Fiegenhofs fällt dem Betrachter das Bauernhaus besonders in die Augen. Nicht nur weil es das beherrschende Gebäude ist, sondern vor allem auch wegen seines Baustils.  Erbaut wurde es 1816 und kann nächstes Jahr sein 200-jähriges Bestehen feiern. 

Es ist ein sogenanntes Bohlenständerhaus, wie es auch der Vogtsbauernhof ist, erklärt Klemens Wußler. Seine Familie achtete stets darauf, dass bei Renovierungen der Großteil der alten, originalen Holzkonstruktion, deren Balken mit der Axt handgehauen sind, erhalten blieb. Noch drei weitere Häuser in Ödsbach (Lendersbauer, Schweißtonis und Pächters in der Ötsch) wurden in jener Zeit auf gleichartige Weise errichtet.

Fiegenhof sticht als grüne Insel hervor.

Fiegenhof

Bernhard Wußler über die Bedeutung der Offenhaltung der Landschaft und Probleme mit Subventionsprogrammen

Offenhaltung hat eine große Bedeutung  für seine Familie, erklärt Bernhard Wußler, der seit fünf Jahren Besitzer des Fiegenhofs ist, im Gespräch mit der ARZ.
Herr Wußler, wie stehen Sie allgemein zur Offenhaltung der Landschaft?
Bernhard Wußler: Sie ist letztendlich nur für die Allgemeinheit da. Jeder möchte die schöne  Landschaft. 
Warum wächst dennoch immer wieder ein Stück zu?
Wußler: Nicht jeder ist bereit, etwas für die Offenhaltung zu tun. Denn sie ist mit viel Arbeit verbunden, die nicht mehr entsprechend entlohnt wird. Es kostet mehr, als dabei herausspringt.
Aber es gibt doch Subventionen für Grünland.
Wußler: Das ist richtig, und das Geld muss man mitnehmen, um die Landschaft offen zu halten. Andererseits sind die Subventionen so untergliedert und mit vielen Auflagen verbunden, dass man unterm Strich eine geringe  Subvention hat. Hinzu kommt noch der Papierkrieg.
Können Sie das näher erklären?
Wußler: Ein neues Programm läuft immer fünf Jahre lang. In dieser Zeit darf man keine mineralischen Dünger auf die Fläche aufbringen. Das ist eine der vielen Auflagen, die überprüft wird. Das ist ein Nachteil, den  man den Obstbäumen anmerkt.  Wenn Obstbäume und Wiesen keinen Dünger bekommen, vermagern aber der Baum und das Gras. Der Wuchs ist daher schlechter. Der  Subvention pro Hektar Grünland steht so neben der vielfältigen Arbeit, die auf einem Bauernhof anfällt, zusätzliche kaufmännische Verwaltungsarbeit entgegen. Man wird immer mehr fremdbestimmt.

Herr Wußler, trotz dieses Aspektes fällt aber bei Ihrem Hof die große Grünfläche auf, die fast ein Viertel des Grund und Bodens ausmacht. Offenhaltung ist also für Sie doch ein Thema.
Wußler: Unbedingt, denn die offene Flur ist für unsere Familie sehr wichtig.
Inwiefern?
Wußler: Wir wollen einen Hof mit Aussicht. Das Schönheitsbild wird durch die Offenhaltung unverfälschlich, und es besitzt Wiedererkennungswert. Dadurch erhält der Fiegenhof eine Aufwertung als grüne Insel, die aus dem Wald hervorsticht. Horst Hoferer

Familie Wußler

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